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Der Einsatz für das Leben ist eine Kernaufgabe für Christinnen und Christen. In den vergangenen Jahren führte die gesellschaftliche Diskussion über den Lebensschutz zu einer immer stärkeren Liberalisierung. Es war kein Tabu mehr, offen in Frage zu stellen, dass es Grenzen des Lebensschutzes gibt. Welchen Wert hat das ungeborene Leben? Die Stellungnahme des Rates der EKD zur Frage der Neuregelung zum Schwangerschaftsabbruch vor dem Hintergrund einer evangelischen Ethik befremdet. Gerade dann, wenn die Abschaffung oder Aufweichung der derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen im Strafrecht zu einer Position wird, die in kirchlichen Gremien Bejahung findet. Die Frage nach dem Schutz des Lebens darf nicht dem gesellschaftlichen Trend unterliegen.

Der Schutz des ungeborenen Lebens

Im Jahr 2020 wurden knapp 100.000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen.[1] Eine Zahl, die in ihrer Größenordnung nicht zu fassen ist, aber ungefähr der Größe von Esslingen am Neckar, Ludwigsburg und Reutlingen entsprechen. Diese Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen ist seit 2012 relativ konstant, aber dennoch können wir uns nicht damit abfinden. Gerade weil wir uns für den Schutz des ungeborenen Lebens einsetzen und auch weiterhin einsetzen wollen, muss die Frage erlaubt sein, ob das, was wir für den Lebensschutz tun, ausreichend ist. Es ist gut, wenn wir im politischen Umfeld uns für eine Stärkung des Lebensschutzes einsetzen. Das ungeborene Leben braucht eine politische Lobby. Für uns als ChristusBewegung ist bei dem von der EKD dargelegten Paradigmenwechsel ein Punkt erreicht, den wir nicht mitgehen und mittragen können.

 

Die aktuelle Diskussion um die Änderung der gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch

Die Diskussion um die Änderung der gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch macht bereits eine unterschiedliche Gewichtung der betroffenen Schutzgüter deutlich. Denn die gesamte Rechtsystematik im Strafgesetzbuch zur Frage des Schwangerschaftsabbruches soll unterschiedliche Schutzgüter in Einklang bringen. Zuvorderst ist hier das ungeborene Leben zu schützen. „Durch den Umstand, dass das Leben noch ungeboren ist, hat es keine andere Wertqualität als das bereits geborene“ (BVerfGE 39, 37). Die anderen beiden Schutzgüter sind die Gesundheit der Schwangeren und auch die Entscheidungsfreiheit der Schwangeren. Insgesamt liegt in der derzeit geltenden Gesetzeslage ein Ausgleich der unterschiedlichen Interessen vor. Die ChristusBewegung unterstützt die Position des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, der hier ebenfalls keine Notwendigkeit einer Änderung sieht. Die Stellungnahme des Rates der EKD legt nahe, dass die Schutzverpflichtung des Staates gegenüber dem ungeborenen Leben aufgeweicht werden soll. Das ungeborene Leben tritt dann hinter die anderen Schutzgüter zurück.

Als ChristusBewegung lehnen wir eine Änderung bzw. Liberalisierung der derzeit geltenden Regelungen ab. Das ungeborene Leben ist ein von Gott gegebenes Leben, dessen Leben für uns unverfügbar ist. Das ungeborene Leben ist bereits ein Mensch und wird nicht erst zum Menschen.[2] Aus diesem Grund ist das ungeborene Leben genauso zu schützen wie bereits geborenes Leben. Das ungeborene Leben darf nicht zu einem beliebigen Objekt gemacht werden, über das einfach so verfügt werden darf.

Hilfen für Schwangere und Väter

Es wäre allerdings zu einfach, wenn wir nur auf der politischen Ebene blieben. Es braucht auch den Blick für die Menschen, die an einen Schwangerschaftsabbruch denken. Die Gründe für einen Abbruch sind vielfältig, aber in mancher Not kann geholfen werden. Eine pauschale Stigmatisierung von Menschen, die eine Schwangerschaft abbrechen, hilft nicht weiter. Es gilt, die Menschen und Ihre Gründe wahrzunehmen. Nur dann können wir konkret helfen. Konkrete Hilfen sind auch eine gute Aufklärung und Beratung über Verhütung. Hierfür braucht es gute Formen und Wege. Wir brauchen eine Stärkung von Beratung und Hilfen, damit sich Menschen für das Leben und für ihr Kind entscheiden. Gerade in diesem Bereich braucht es eine missionarische Diakonie, wie August Hermann Francke sie gelebt hat. Der Glaube soll hier in der Liebe tätig werden und nicht im Urteil gegenüber anderen. August Hermann Francke sagte, „dass der Glaube, der durch die Liebe tätig ist, eine höhere und herrlichere Gabe sei als hohe Offenbarungen und Entrückungen in den dritten Himmel.“[3] Aber eben diese missionarische Diakonie ist eben das Feld, in dem es um die Rechte und Pflichten, um die Würde des Menschen und um den Lebensschutz geht und in dem wir uns als Menschen innerhalb der ChristusBewegung einbringen.

Pfr. Dr. Friedemann Kuttler
Vorsitzender
Für den Vorstand der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde e.V.

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[1] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Schwangerschaftsabbrueche/Tabellen/03-schwangerschaftsabbr-rechtliche-begruendung-schwangerschaftsdauer_zvab2012.html (Stand: 03.03.22)

[2] Vgl. BVerfGE 88, 203 (251f); 39, 1 (37).

[3] Zitiert nach Kurt Heimbucher, Zukunft durch Umkehr, S. 20.