Rainer Riesner: Messias Jesus – Seine Geschichte, seine Botschaft und ihre Überlieferung, Brunnen Verlag 2019, ISBN: 9783765594106, 58 Euro.
Was wissen wir eigentlich sicher über Jesus? Dieser Frage geht Rainer Riesner in seinem Werk „Messias Jesus“ nach. Damit bietet er eine äußerst fundierte und gut verständliche Gesamtdarstellung zum Leben und Wirken von Jesus Christus. Neben vielem Hintergrundwissen bietet er seinen Lesern regelmäßig Auslegungen zu verschiedenen Texten aus dem Alten und Neuen Testament, wie auch zu Texten aus dem Frühjudentum und von frühen Christen in den ersten Jahrhunderten. Er erklärt dabei Zusammenhänge, historische und soziologische Hintergründe, aber auch schwer zu verstehende Bibelverse und Gleichnisse. Verschiedene Landkarten und Abbildungen von Gebäuden, etc. ergänzen das Werk.
Das Buch ist in 15 Kapitel aufgeteilt. Es beginnt mit den alttestamentlichen und frühjüdischen Hintergründen zur Erwartung auf einen Messias, woran sich Abschnitte zur Herkunft Jesu, seiner Berufung und dem Beginn seines Wirkens anschließen (Kap. 1-4). Daraufhin erklärt Riesner die Bedeutung Lehre Jesu, seiner Offenbarung und den Herausforderungen eines Lebens in der Nachfolge (Kap. 5-10). Mit dem Prozess, der Kreuzigung und der Auferstehung setzt sich Riesner besonders ausführlich auseinander (Kap. 11-13). In den beiden letzten Kapiteln widmet er sich den Überlieferungsprozessen der Botschaft und des Lebens Jesu durch seine Jünger und der frühen Gemeinde, als auch der Geschichte der Erforschung des Lebens Jesu (Kap. 14-15). Mehrere Register zu Bibelstellen, Autoren, Namen und Sachen runden das Nachschlagewerk ab.
Für Leser, die sich auch forschungsgeschichtlich mit dem Leben Jesu beschäftigen wollen, empfiehlt es sich nach dem Vorwort zuerst das 15. Kapitel zu lesen. Dadurch bekommt man einen kleinen Einblick, warum Riesner entgegen der derzeitigen, mehrheitlichen Forschungsmeinung für die Glaubwürdigkeit der Berichte der Evangelien argumentiert.
Besonders wertvoll finde ich es, dass Riesner die familiären Hintergründe von Jesus darstellt. Jesus ist wohl mit einer chassidischen Familienfrömmigkeit aufgewachsen, die eine hohe Messiaserwartung pflegte. Die Erklärung zu den Messsiashoffnungen am Anfang des Werkes bieten ein Verständnis dafür, warum Juden zur Zeit Jesu einen politischen Messias erwartet haben. Dadurch sei auch die Ablehnung der vielen Familienmitglieder gegenüber Jesus und seiner Lehre zu erklären, da er sich selbst nicht als politischer Befreier verstand.
Riesner zeigt Verbindungen von der Lehre Jesu zu den Schriften des Paulus auf. Er erläutert, wo Paulus die Lehre Jesu aufgegriffen hat und in welch enger Kontinuität er zu Jesus Verkündigung steht (Bsp.: Doppelgebot der Liebe als Zentrum der Ethik Jesu – Mk 12; Gal 5,14; Röm 13,10).
Das Buch empfiehlt sich für alle, die gerne mehr Hintergrundwissen zu Jesus, seinem Leben und seiner Lehre erfahren wollen. Dabei kann es am Stück gelesen werden, oder aber als Nachschlagewerk dienen.
Julia Bazlen, Vikarin, Bad Urach


Rolf Sons: Erholung für müde Seelen. Wohltuendes in christlicher Weisheit entdecken, Brunnen Verlag 2023, ISBN: 978-3-7655-4384-5, 12 Euro.
Rolf Sons ist Seel-Sorger im besten Sinne: Der württembergische Pfarrer analysiert die Beschaffenheit unserer menschlichen Seele nach 3 Jahren Pandemie, Einsamkeit, Angst vor Krieg und Wohlstandsverlust. Dabei sieht er die menschliche Seele als zutiefst bedürftig an: „Das Unvergleichliche des biblischen Glaubens ist nun, dass Gott auf den Menschen zukommt und seine Sehnsucht stillt.“
Die poetischen Psalmen und die Weisheit der Wüstenväter sind für den Autor Quellen der Inspiration, um die eigene Seele zu pflegen. Aus dem reichen Schatz der Psalmen greift Sons dabei u. a. Psalm 1, 23, 42, 51, 73 und 139 heraus und legt sie seelsorglich aus. Im Vertrauen auf Gott und in der engen Gemeinschaft, die sich in allen Lebenslagen auf Gott angewiesen weiß, kann so neue Kraft und Hoffnung für die nächste Wegstrecke entstehen.
Rolf Sons schreibt aus den reichen Erfahrungsschätzen seines Lebens im geistlichen Dienst unserer Landeskirche. Dabei wird er auch sehr persönlich, wenn er etwa vom frühen Tod seines Enkels erzählt.
Fazit: Mit seinem neuen Buch „Erholung für müde Seelen“ hebt Sons den Schatz der Psalmen und die Erkenntnisse der Wüstenväter. Balsam für postmoderne, gestresste und geplagte Seelen.
Andreas Schmierer, Pfarrer, Neuenbürg


Philipp Bartholomä, Stefan Schweyer: Gemeinde mit Mission. Damit Menschen von heute leidenschaftlich Christus nachfolgen. Grundlagen und praktische Impulse, Brunnen-Verlag 2023, ISBN: 978-3-7655-2141-6, 20 Euro.
In ihrem Buch „Gemeinde mit Mission“ legen die beiden Professoren für Praktische Theologie Philipp Bartholomä und Stefan Schweyer wertvolle Grundlagen für den missionarischen Gemeindeaufbau im Kontext einer nach-christentümlichen Gesellschaft. Dabei betrachten sie das Thema konsequent aus freikirchlicher Perspektive. Es ist ein fachlich fundiertes, klar strukturiertes und praxisnahes Grundlagenwerk, dass Mut macht neues zu wagen und auf Gottes Wirken zu vertrauen. Das Buch ist in 3 große Teile gegliedert: 1. Die Gegenwart verstehen – Gemeinde nach dem Christentum: In diesem Teil stellen Bartholomä und Schweyer Grundlagen zur Erforschung von Freikirchen in Deutschland dar (Kap. 1) und analysieren den gegenwärtigen kulturellen Kontext (Kap. 2), in dem wir leben und Gemeinde bauen. Zudem bieten sie einen kurzen Überblick über zeitgenössische Gemeindeaufbaukonzepte (Kap. 3). 2. Die Zukunft gestalten – Entscheidende Weichenstellungen: Im zweiten Teil bieten sie zuerst eine theologische Grundlage für missionarischen Gemeindeaufbau (Kap. 4-6) auf den mehreren Kapiteln zu gegenwärtigen Herausforderungen und Anknüpfungspunkten für Gemeindeaufbau in unserer Kultur reflektiert werden (Kap. 7-11). Sehr wertvoll empfinde ich die Praxisimpulse zum Thema eine Vision als Gemeinde finden und den Hinweis die Sehnsüchte der Mitmenschen, welche als Anknüpfungspunkt für Gespräche über den Glauben dienen können. 3. Konkrete Schritte gehen – Impulse für eine Gemeinde mit Mission: Im dritten Teil setzen sie sich nun mit zentralen Haltungen auseinander (Kap. 12-17: Leidenschaft stärken, Kontext verstehen, Kultur steuern, feiern, befähigen, einladen). Diese werden durch gute Schaubilder und viele Best-Practice-Beispiele zusätzlich dargestellt. Das Buch schließt mit einem Plädoyer für einen hoffnungsvollen Realismus, indem die beiden Autoren Mut machen, das Gelesene umzusetzen und dabei auf Gott Wirken zu hoffen. Für wen ist das Buch geschrieben? Nicht nur für freie Gemeinden gibt es hier viel zu entdecken. Viele Beobachtungen bezüglich unserer Gegenwartskultur, der nach-christentümlichen Gesellschaft und den Grundlagen zu Gemeindeaufbau lassen sich auch gut auf Gemeinden in der Landeskirche und in Gemeinschaftsverbänden beziehen. Das Buch ist von den Autoren explizit für Gemeindeleitungsteams (oder auch Kirchengemeinderäte) verfasst, kann aber auch jedem anderen nachhaltige Impulse und Ideen ermöglichen. Zur Reflexion und dem gemeinsamen Gespräch über die Inhalte des Buches und der eigenen Situation der Gemeinde bieten sie auf der Webseite www.gemeindemitmission.net verschiedene Materialien, u.a. Reflexionsfragen (QR-Code im Vorwort des Buches). Diese helfen dazu, gemeinsam konkrete Schritte in der Gemeindepraxis zu gehen.
Eine kleine Kritik zum Schluss: Ein wenig verkürzt scheint mir die Darstellung zu den Fresh Expressions of Church (Fresh-X) aus Großbritannien zu sein (Kap. 3), wo Gemeinden auch als Fresh-X bezeichnet werden, die durch einen öffentlichen Gottesdienst gegründet werden (worshipping first). Fresh-X beginnen mit dem Dienen an den Menschen in ihrem Umfeld (serving first), begleitet vom Hören auf Gott und den Kontext, d. h. den Menschen in ihrem Umfeld. Die Autoren haben einen realistischen und hoffnungsvollen Blick auf die gegenwärtige Gestalt der freikirchlichen Bewegung in Deutschland. Das Buch macht Mut, weiterhin mit Gemeinden in Gottes Mission unterwegs zu sein und dabei durch das konkrete Know-How erste Schritte im Gemeindeaufbau zu wagen.
Julia Bazlen, Vikarin, Bad Urach


Duby Tal, Shimon Gibson, Moni Haramati: Israel von oben. Atemberaubende Luftaufnahmen zur biblischen Archäologie, SCM R. Brockhaus 2023, ISBN: 9783417020274, 35 Euro.
Für 35 Euro Israel aus der Vogelperspektive betrachten? Ja, das geht – mit dem Buch „Israel von oben“. Auf 256 Seiten (33 x 24 cm) kommen Freunde der Archäologie und des Landes Israels mit diesem Bildband des Heiligen Landes auf ihre Kosten! Großformatige Bilder wie vom Kloster St. Georg, dem Berg der Seligpreisungen oder den Höhlen in Qumran vermitteln viel von der Atmosphäre des Heiligen Landes. Die Bilder, die auf hochwertiges Papier gedruckt sind, zeichnet eine große Schärfe bis in die Details aus.
In insgesamt 6 Teilen werden die Betrachter des Buches an zentrale Orte der jüdischen und christlichen Historie geführt. (1. Wie alles begann, 2. Die Israeliten treten in Erscheinung, 3. Der Einfluss der Griechen und Römer, 4. Das Heilige Land: Juden- und Christentum, 5. Der Islam und die Kreuzfahrer, 6. Hin zur Neuzeit):
Ergänzt werden die Aufnahmen durch Erläuterungen von Professor Shimon Gibson, der die archäologischen Funde, die aus den abgebildeten Grabungsstätten stammen, wissenschaftlich einordnet. Eine Übersichtskarte zu den jeweiligen Fundstätten sowie passende Zitate aus dem Alten und Neuen Testament sowie von biblischen Forschern ergänzen die Darstellung.
Achtung: Wer diesen Bildband aufschlägt, wird vermutlich bald von Israel fasziniert sein. In mir hat „Israel von oben“ die Sehnsucht nach einem erneuten Besuch im Heiligen Land auf jeden Fall geweckt!
Andreas Schmierer, Pfarrer, Neuenbürg


Jürgen Werth: Ich halte dich. ­– Gott. Warum wir vertrauensvoll leben können, Gerth Medien 2023, ISBN: 9783957349705, 12,95 Euro.

Was gibt uns Halt im Leben? Können wir Gott vertrauen? Und wenn ja, warum? Jürgen Werth, langjähriger Leiter des ERF, gibt darauf in der Neuauflage seines Buches „Ich halte dich. – Gott“ ehrliche und überzeugende Antworten. Der Theologe zeigt in 23 kurzen Kapiteln auf, warum Gott vertrauenswürdig ist. Die Abschnitte lesen sich wie kleine Spurensuche. Dabei nimmt Jürgen Werth Bezug auf die Lebenserfahrung anderer Menschen unserer Welt und der Bibel. Dazu finden sich viele, persönlich gehaltene Liedtexte aus der Feder von Jürgen Werth. Das Buch ist im besten Sinne ein absolutes Mutmachbuch. Jürgen Werth beweist auch, dass er ein sprachgewaltiger Autor ist. Seine (Sprach-)Bilder sind grandios, seine ermutigenden, tröstenden und einfühlsamen Texte zeigen, was für ein feiner Seelsorger der Theologe und Liederdichter ist. Egal, wie haltlos ich mich fühle – ich bin gehalten! Immer. Und überall. Egal, was passiert.
Das Buch eignet sich letztlich auch hervorragend zum Verschenken, da es durch seine Authentizität und Bodenständigkeit besticht.
Claudius Schillinger, Calw, Journalist


Kathrin Larsen: Ich schenk dir mein Gebet. Die Psalmen beten für unsere Kinder. Fontis 2023, Fontis ISBN: ‎978-3038482550; 19,90 Euro.
Dieses Buch hält, was der Titel verspricht: Ich schenke meinem Kind oder Enkelkind mein Gebet. Kein Buch über das Gebet, sondern ein Buch, das zum Beten animiert und es praktisch werden lässt. Gewiss, es ist gewöhnungsbedürftig, sich darauf einzulassen. Denn die vier Schritte des Gebets – Anbetung, Buße, Dank, Fürbitte – sind nicht für jeden die gängige Gebetspraxis. Die 150 Psalmen sind die Gebetsvorlage: Anhand ausgewählter Verse können wir die 4 Schritte beten. Je Gebetsschritt ist ein Gebet formuliert, in das ich nur noch den Namen des Kindes einsetzen muss. Die gegenüberliegende Seite lässt jeweils Raum für eigene Gedanken, Gebete, Wünsche, die ich weitergeben möchte.
Es ist ein Schatz und Vorrecht, Bibelworte für Kinder zu beten! Wenn ich die Psalmen durchgebetet habe, kann ich es immer wieder mal zur Hand nehmen – oder meinem Kind | Enkelkind das Buch eines Tages schenken.
Ute Mayer, Vorstandsassistentin und Mitglied der 16. Württ. Evang. Landessynode, Renningen


Julia Garschagen, Alica Fuchs: True Story? Good Question! Die 10 größten Fragen über Gott und die Welt, SCM R. Brockhaus Verlag, ISBN: 9783417000504, 17 Euro.
Die Theologin Julia Garschagen, Leiterin des „Pontes Institut für Wissenschaft, Kultur und Glaube“ und „truestory“, eine evangelistische Aktion für Jugendliche, hat zusammen mit Alica Fuchs ein äußerst lesenswertes Buch verfasst. Die Autoren erörtern auf sehr persönliche Art und Weise die „zehn größten Fragen über Gott und Welt“: Schließen sich Glaube und Naturwissenschaften aus? Krieg und Katastrophen – wie kann es da einen guten Gott geben? Wie steht Gott zum Klimawandel? Was tut Gott gegen die Ungerechtigkeit in der Welt? Warum sollte ich glauben, was die Bibel über Jesus sagt? Ist Gott ein Spaßverderber? Und überhaupt: Kann an der Sache mit Gott irgendetwas dran sein?
Julia Garschagens Leidenschaft ist es, mit Skeptikern über Gott, den Glauben zu sprechen und über tiefe Fragen zu diskutieren. Und das spürt man ihr überzeugend ab. Es gelingt den Autoren hervorragend, die Leser ins Gespräch zu ziehen und zum Nachdenken darüber zu bringen, was sie glauben oder auch nicht. Julia Garschagen lässt dabei an ihrer eigenen Auseinandersetzung teilhaben und schreibt ganz offen auch von ihren unbeantworteten Fragen – zum Beispiel bei dem schwierigen Thema des Leids. Ihre Ehrlichkeit und Authentizität begeistern. Das Buch liest sich äußerst spritzig – ohne Tiefgang vermissen zu lassen. Das Layout ist zudem luftig gestaltet und QR-Codes führen zu kurzen Videos mit weiteren Erläuterungen und persönlichen Lebensberichten. Ein absoluter Lesetipp – nicht nur für jüngere Leserinnen und Leser!
Claudius Schillinger, Calw, Journalist


Weisheiten aus dem Kloster. 365 Gedankenanstöße. Adeo 2023. ISBN: 978-3-86334-362-0, 18 Euro.

Das Klosterleben fasziniert viele. Abgeschiedenheit, ein einfaches Leben, eine feste Tagesstruktur – das trifft den Nerv der Zeit. Mit den vorliegenden 365 Gedankenanstößen für jeden Tag des Jahres bieten Notker Wolf OSB, Pater Anselm Grün, Schwester Ursula Hertewich und viele andere hilfreiche kleine Impulse, die vom Leben im Kloster oder im Orden geprägt sind. Für jede Woche gibt es ein Thema, wie z. B. „Täler des Lebens“, „Befreit leben“ oder „Lernen loszulassen“.
Als Geschenk oder zum eigenen Schmökern eignet sich dieses gebundene Buch wunderbar. Gerne hätten jedoch auch ein paar klassische, „alte“ Zitate aus früheren Jahrhunderten der Kloster- und Ordensgeschichte eingestreut werden dürfen.
Andreas Schmierer, Pfarrer, Neuenbürg


Randolph Richards, Brandon J. O’Brien: Mit den Augen der Apostel. Wie wir unsere kulturbedingten Sichtweisen ablegen können, um die Bibel besser zu verstehen, SCM R. Brockhaus 2023, ISBN: 978-3-417-24180-8, 23 Euro.
Dieses Buch hat mir die Augen geöffnet. Die beiden Autoren Richards und O’Brien kennen andere Länder und Kulturen aus eigener Erfahrung. Für dieses Buch haben Sie einige kulturelle Unterschiede zwischen unserem Leben im 21. Jahrhundert in Westeuropa und dem Leben zu biblischer Zeit im Mittelmeerraum zusammengetragen. Dieses Buch sensibilisiert und ermutigt genau hinzuschauen, eigene Vorannahmen zu hinterfragen und sich intensiv mit Gottes Wort und unseren kulturellen Prägungen auseinanderzusetzen!
Die Autoren vergleichen und kategorisieren die kulturellen Unterschiede dabei mithilfe eines Eisbergs, dessen größter Teil unter Wasser ist. Sichtbar ist dann nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges (Sitten, Gebräuche, Hautfarbe, Herkunft, Sprache). Etwas tiefer graben muss man, um Unterschiede zwischen Individuum und Kollektiv, Scham und Ehre und Zeitverständnis wahrzunehmen. Ganz tief verborgen ist  u. a. das Verständnis von Regeln und Beziehungen.
Ausführlich legen die Autoren dar, dass etwa die Frage von Ehre und Schande, die zur Zeit der Bibel vorherrschte, in unserer Kultur weniger stark ausgeprägt ist als die Frage nach Richtig oder Falsch. Es geht um das Individuum und weniger um das Kollektiv. Mit dieser westlich-geprägten „Brille“ passiert es leicht, dass Bibelstellen falsch oder nicht ausreichend wahrgenommen werden. So argumentiert Paulus, wenn er von Sünde spricht, dass diese keine Privatangelegenheit ist, sondern immer die Ehre der gesamten christlichen Gemeinde auf dem Spiel steht. Für mein Verständnis der Heiligen Schrift war die Lektüre dieses Buches ein großer Gewinn!
Andreas Schmierer, Pfarrer, Neuenbürg


Axel Kühner: Froh zu sein, bedarf es wenig. 55 heitere Gedanken für fröhliche Christen. Neukirchener-Verlag 2023, ISBN: 978-3-7615-6917-7, 12 Euro.

Axel Kühner, Pfarrer im Ruhestand und populärer Altmeister des gepflegten christlichen Humors, hat es wieder getan. Der beliebte Autor hat wieder zur Tastatur gegriffen und 55 humorige Geschichten, Gedichte und kurze Begebenheiten zum Schmunzeln und Weitererzählen zusammengetragen.
Ob Hochzeit zu Kana, eine Wunschliste oder die Frage: „Wann werden wir klug?“ – Kühners Ein- und Aussichten ermuntern dazu, das Leben nicht allzu ernst zu nehmen und sich den positiven Blick auf die Welt und den Glauben zu bewahren.
Gepaart mit den entsprechenden biblischen Referenzstellen sind sie auch aufgrund ihrer Kürze (max. zwei Buchseiten) eine Fundgrube für Andachten oder Predigten. Einzig ein Stichwort- und Bibelstellenregister habe ich vermisst.
Andreas Schmierer, Pfarrer, Neuenbürg


Alexandra Schechtmann, Anatoli Uschomirski: Unsere Sehnsucht nach Frieden: Glaube und Einheit inmitten des Ukraine-Kriegs – Mut machende Perspektiven, SCM Hänssler 2023, ISBN: 9783775161824, 176 Seiten, 12,95 Euro.
Mich hat dieses Buch sehr berührt und ermutigt! Denn es bricht die großen politischen Fragen rund um den Ukraine-Krieg herunter auf persönliche Erinnerungen, Erfahrungen und Begegnungen. Auf dem Hintergrund der allgemeinen Verunsicherung darüber, wie viel Wahrheit in welchem Bericht über den schrecklichen Konflikt steckt, sind die Erlebnisse und Reflexionen von Alexandra Schechtmann und ihrem Vater Anatoli Uschomirski durch ihre Authentizität, ihren persönlichen Bezug und ihre Ehrlichkeit sehr wohltuend. Sie haben mir auch die Augen für Herausforderungen von und mit Geflüchteten geöffnet, die ich als nicht direkt Betroffener bisweilen gar nicht wahrnehme.
Ich glaube wirklich, dass dieses Buch die Hoffnung auf Frieden nähren kann – nämlich, weil es keine politischen Vorschläge macht, sondern behutsam und ehrlich das Vertrauen auf Gott und sein Wirken im Großen und vor allem im ganz alltäglichen Chaos zur Sprache bringt.
Christian Lehmann, Pfarrer, Walheim