Lebendige Gemeinde wieder stärkster Gesprächskreis

Nachdem Ernst-Wilhelm Gohl zum neuen Landesbischof gewählt wurde und sein Synodalmandat niedergelegt hat, ist Pfarrer Christoph Hillebrand für die Lebendigen Gemeinde im Wahlkreis Ulm/Blaubeuren nachgerückt. Zudem ist Nicole Kaisner aus der Landessynode ausgeschieden. Für sie bekleidet nun, ebenfalls für die Lebendige Gemeinde, Pfarrer Dr. Thomas Gerold das Synodalmandat für den Wahlkreis Tuttlingen/Balingen. Damit ist die Lebendige Gemeinde mit 32 Synodalen wieder der stärkste Gesprächskreis in der Landessynode.

 

Digitales Abendmahl ermöglicht

Künftig ist ein digital vermitteltes Abendmahl in der Württembergischen Landeskirche in Ausnahmefällen möglich. Dazu hat die Synode mit sehr großer Mehrheit die Abendmahlsordnung geändert. Eine Abendmahlsfeier kann demnach etwa im Rahmen einer Videokonferenz, z. B. per Zoom oder Teams, gestaltet werden. Entscheidend ist, dass alle Beteiligten zeitgleich miteinander feiern. Die Person, die das Abendmahl leitet, und die Beteiligten an den Bildschirmen sollen sich gegenseitig wahrnehmen können. Ausgeschlossen bleibt ein sogenannte „Abendmahl on demand“, also etwa die Option, dass ein Video zeitversetzt angesehen wird und sich Einzelne das Abendmahl selbst reichen. Entscheidend bleibt das Empfangen. Die neue Ordnung soll zwei Jahre erprobt werden. Danach wird eine neue Gottesdienstordnung verabschiedet, der dann mindestens zwei Drittel der Synodalen zustimmen müssen.

Maßnahmenplanung beschlossen

Für jedes Haushaltsjahr stehen neben den Dauerfinanzierungen acht Millionen Euro für neue Maßnahmen zur Verfügung. Zusätzlich gibt es Restrukturierungsmittel für notwendige Veränderungen zum Beispiel in der digitalen Infrastruktur der Landeskirche oder zur Umsetzung eines Klimaschutzgesetzes, das im Herbst beschlossen werden soll. Erstmals hat die Synode eine der acht Millionen eigenständig beplant und neben der Fortführung des Beratungsangebots „Perspektiven Entwickeln“ die Einrichtung eines Landespopkantorats und von Popmusikerstellen in einzelnen Kirchenbezirken beschlossen. Außerdem werden die Chatberatung in der Telefonseelsorge und die Gelder für Notfallseelsorge in Landkreisen dauerhaft über den Vorwegabzug finanziert. Co-Dekan Tobias Geiger warnte in seinem Bericht als Vorsitzender des Finanzausschusses davor, noch mehr Maßnahmen über den Vorwegabzug zu finanzieren. Dies geschehe auf Kosten der Mittelzuweisung an die Kirchengemeinden. „Wir als Synodale sind die ‚Vertreter der Kirchengenossen‘ und dieser Verpflichtung müssen wir gerecht werden“, so Geiger. Im Gesprächskreisvotum für die Lebendige Gemeinde lobte Pfarrer Rainer Köpf die vorgestellten Maßnahmen und betonte, wie wichtig Innovationskeime in einer Zeit der Transformation seien. Er würdigte besonders die Maßnahmenanträge zur Popularmusik: „Musik – vor allem popular ausgerichtete Kirchenmusik – ist für die Beheimatung vor allem junger Menschen in der Kirche ganz zentral.“

Fluchtursachenbekämpfung

Die Synode hat in großer Einstimmigkeit drei Millionen Euro zur Bekämpfung von Fluchtursachen in Herkunftsländern beschlossen – ein Thema, das angesichts des Kriegs in der Ukraine in den Hintergrund gerückt ist. Dasselbe Anliegen wurde bereits im Juli 2021 in der Synode diskutiert und beschlossen. Die drei Millionen Euro wurden damals aber aufgrund eines Missgeschicks nicht in den Haushalt für 2022 aufgenommen, werden nun aber für 2023 eingestellt.

Anträge zur Stärkung diakonischer Initiativen und ergänzender Zugänge ins Pfarramt

Die Lebendige Gemeinde brachte ausgehend von den jüngst veröffentlichten »Zehn Zukunftsimpulsen« drei Anträge ein, welche die »Stärkung diakonischer Initiativen in Kirchengemeinden« bewirken und ein »Projekt zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft sozialdiakonischer
Initiativen und Werke« schaffen soll. Zur Förderung der geistlich theologischen Arbeit durch Pfarrerinnen und Pfarrer in den Gemeinden
wurde der Antrag »PfarrPlan 2030 – Zugänge ins Pfarramt und Modernisierung Ausbildung Pfarrdienst« eingebracht.

Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung

Der Oberkirchenrat hat ein „Kirchliches Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung“ in die Synode eingebracht. Dieses Gesetz sieht eine umfangreiche Verwaltungsreform und die Einführung von Regionalverwaltungen vor. In zahlreichen Wortmeldungen kritisierten Landessynodale aller Gesprächskreise vor allem die mangelhafte Kommunikation in die Bezirke und Kirchengemeinden hinein. Hier sollte dringend nachgebessert werden. Pfarrer Matthias Hanßmann wiederholte die Bitte, dass jede Kirchengemeinde einen persönlichen Ansprechpartner in den Regionalverwaltungen haben soll, um Gemeindenähe zu stärken. Das Gesetz wird nun in den Fachausschüssen beraten und steht in der Herbstsynode zur Abstimmung.

Innovative und neue Aufbrüche

Unsere Kirche wird kleiner, aber es bewegt sich auch etwas. Auf Initiative des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung kamen in der Diskussion nun zwei Anträge zum Beschluss: Zum einen soll die auslaufende Projektstelle für Innovation und Neue Aufbrüche verlängert werden. Gleichzeitig wurde der Oberkirchenrat damit beauftragt, ein Konzept vorzulegen, wie mit einer Personalstelle Aufbrüche dauerhaft begleitet werden können. Dr. Markus Ehrmann betonte die Bedeutung der Unterstützung von kirchlichen Start-ups und die Notwendigkeit, Kirchengemeinden dazu zu ermutigen und dabei zu begleiten. Pfarrer Matthias Hanßmann warb dafür, dass neue Aufbrüche im Rahmen des nächsten Pfarrplanes auch personell bedacht werden sollten.

Einführung eines Doppelhaushalts

Seit knapp drei Jahren wurde über die Einführung eines Doppelhaushalts diskutiert und jüngst vom Finanzausschuss fast einstimmig empfohlen. Auf der Sommersynode wurde der Oberkirchenrat nun um die Vorlage eines Doppelhaushaltsplan für die Jahre 2023/2024 gebeten. Demnach beschließt die Synode auf ihrer Herbsttagung einen Haushaltsplan für den landeskirchlichen Haushalt über zwei Jahre. Vor dem Hintergrund der Umstellung auf die Doppik soll das Finanzdezernat entlastet und Bürokratie abgebaut werden, sodass mehr Raum für inhaltliche Steuerung bleibt. Trotz einiger kritischer Stimmen, die Synode schwäche sich dadurch selbst, hat die Lebendige Gemeinde das Vorhaben unterstützt. Durch die Möglichkeit eines Nachtragshaushalts bleibt der Synode eine Nachsteuerung weiter vorbehalten und sie kann ihr „Königsrecht“ wie gewohnt ausüben.

Chris Nathan, Anja Holland, Matthias Hanßmann, Maike Sachs, Prisca Steeb