Philipp Elhaus, Tobias Kirchhof (Hrsg.): Kirche sucht Mission. Kirchenentwicklung in missionarischer Provokation (midiKontur 1), EVA Leipzig 2020, 20 EUR.
Seit 2019 gibt es die „Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung“ (midi) in Berlin. Mit dem vorliegenden Band „Kirche sucht Mission“, dem eine Fachtagung zur missionarischen Kirchenentwicklung von 2019 zugrunde liegt, startet midi ihre neue Reihe „midiKontur“, die sich – wie es im Vorwort heißt – weniger um Konsens, „als um das Ins-Gespräch-Bringen von Forschungsständen, Praxisbeispielen und Innovationen“ versteht.
13 Beiträge bilden die gegenwärtige Debatte um missionarisches Handeln überkonfessionell und interdisziplinär ab. Im Folgenden sollen einige wenige exemplarische Schlaglichter geworfen werden:
Philipp Ellhaus eröffnet den Reigen der Beiträge mit einer geschichtlichen Untersuchung des Missionsbegriffs sowie dessen jeweiliger Interpretation, was sich als Koordinatensystem für alle folgenden Beiträge als sehr hilfreich erweist.
Den Blick über den Tellerrand der evangelischen Theologie nimmt der Band explizit mit dem katholischen Theologen Hubertus Schönemann und seinem Vorschlag einer christlichen Existenz unter postmodernen Bedingungen sowie durch Beiträge zur Verhältnisbestimmung zur Ökumene, Migration und im interreligiösen Dialog vor. Dadurch wird die Vielschichtigkeit des Missionsbegriffs pointiert zur Sprache gebracht. Natürlich darf ein Aufsatz zur klassischen Debatte der Relation Diakonie und Mission nicht fehlen. Ebenso kommen die besonderen Bedingungen der gegenwärtigen Gesellschaft (steigende Konfessionslosigkeit) sowie die daraus resultierenden Fragestellungen für die Kybernetik (Kirchenleitendes Handeln) und die Oikodomik (Gemeindeaufbau, – entwicklung) in den Blick.
Hans-Hermann Pompe, Generalsekretär der AMD, bringt die Intention aller Bemühungen im Bereich der Mission bei aller unterschiedlichen Akzentuierung innerhalb der Beiträge auf den Punkt: „Christen glauben an die Macht Gottes. Wenn er will, dass das Evangelium leuchtet, dann tut es das. Dafür braucht es aber Menschen, die dieses Leuchten glauben, erwarten und aufnehmen.“
Fazit: Der Tagungsband bietet ein Kaleidoskop über das breite Feld der vielschichtigen Zugänge zum Thema Mission. Als Auftakt der Reihe ist das Nebeneinander als Standortbestimmung sicherlich gut geeignet, dennoch bekomme ich beim Lesen der Response von Patrick Todjeras auf Uta Pohl-Patalong Lust auf mehr direkte Diskussion und Debatte. Vielleicht in einem der nächsten Bände? Wäre schön.
Vikar Andreas Schmierer, Dornstetten
Ulrich Wendel (Hrsg.): Glaubwürdig aus guten Gründen. Warum wir der Bibel vertrauen können (Faszination Bibel Edition), SCM R. Brockhaus 2017, 9,99 EUR.
Jüngste ethische Diskussionen haben deutliche Spannungen innerhalb der pietistischen bzw. evangelikalen Bewegung Deutschlands sichtbar gemacht. Diese Debatten erfordern immer wieder die Rückbesinnung auf die Hermeneutik, also das Verständnis der Heiligen Schrift und die Grundsätze ihrer Deutung. Da lohnt sich der Blick in diesen Sammelband. Denn hier kommen Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Prägungen zu Wort mit ihren je eigenen Blickwinkeln auf das Buch der Bücher.
In den Beiträgen von Christoph Schrodt, Guido Baltes und Monika Deitenbeck-Goseberg wird das Vertrauen zu den alten Texten vor allem als lebensbegleitendes Beziehungsgeschehen und Ergebnis persönlicher Erfahrung beschrieben. Sie motivieren gerade in unserer postmodern-skeptischen Zeit zur persönlichen Erprobung der biblischen Zusagen. Jürgen Mette zudem zu einem gesunden Verhältnis zur wissenschaftlichen Auslegung ohne Angst vor kritischem Nachdenken und ohne Überschätzung ihrer Methoden.
Roland Werners Text widmet sich besonders dem Verhältnis zwischen Jesus Christus als personalem und der Bibel als schriftlichem Wort Gottes. Ausgewogen ist dieses dann, wenn weder das Ziel der Begegnung mit Jesus aus dem Blick gerät noch ein vermeintliches Christus-Prinzip gegen Aussagen der Bibel instrumentalisiert wird.
Das Buch will laut Vorwort die „fromme Mitte“ repräsentieren. Dementsprechend arbeiten sich insbesondere Horst Afflerbach, Jürgen Mette, Hans-Werner Durau und Fred Ritzhaupt auch an konservativen Positionen ab. Bei Mette und Durau steht dabei leider weniger die Suche nach einem tragfähigen Bibelverständnis im Mittelpunkt als die Kritik an bestimmten Gruppen und ihrem scheinbar aggressiven Verhalten. Ritzhaupt und vor allem Afflerbach gelingt eher eine positive Bestimmung der Bibeltreue als Ehrfurcht vor dem Christuszeugnis und seiner theologischen Erschließung durch die Bibel.
Zur Frage der Inspiration finden sich hilfreiche Antworten in den Beiträgen von Christian Brenner, der den Blick auf den Leser biblischer Texte wendet, und Armin Baum, der die objektive Seite von biblischen Aussagen her erschließt.
Besonders empfehlen kann ich den Text von Friedhelm Jung, der eine ausgewogenere Beschäftigung mit der Frage der Irrtumslosigkeit anstößt, den des Herausgebers Ulrich Wendel, der aus den biblischen Texten selbst überraschende Indizien der Zuverlässigkeit herausarbeitet, und den Beitrag Michael Dieners. Er verteidigt die pietistische Kritik an der historisch-kritischen Methode mit der Gnadauer Erklärung zur Heiligen Schrift. Wenn sich die deutschen Evangelikalen in diesem Bekenntnis zur Bibel als „Gottes untrügliche[r] Wahrheit und Weisung für Glauben und Leben“ einig wären, müssten sie es doch auch in den Fragen der Lebensgestaltung sein, oder? Ein Anfang zur Verständigung auf das gemeinsame Vertrauen zur Bibel ist mit diesem Buch jedenfalls gemacht. Es lohnt sich, diesen Impuls daraus aufzunehmen.
Michael Klein, Theologiestudent und Mitglied der Landessynode, Plochingen