Von DMG-Chefredakteur Theo Volland

„Wir erleben einen Aufbruch zu Jesus Christus hin wie nie zuvor!“ Der junge Araber, Leiter einer christlichen Studentenarbeit im Nahen Osten, schaut mir begeistert in die Augen. „In der gesamten Arabischen Welt kommen Muslime auf uns arabische Christen zu und wollen wissen, was es mit unserem Glauben auf sich hat. Das ist zum ersten Mal in der Geschichte in diesem Ausmaß so. Sie sehen den Unterschied in unserem Leben und fragen uns offen, wieso wir Christen so anders sind. So viele arabische Muslime wie nie zuvor beginnen ein Leben in der Nachfolge von Jesus.“ Es sei ein besonderer Moment in der Geschichte, erklärt mir der junge geistliche Leiter aus dem Nahen Osten.

Wir sitzen gemütlich in seinem klimatisierten Büro im Orient und genießen eine Tasse Mokka, während der freundliche, junge Araber mich über die aktuelle geistliche Situation im arabischen Sprachraum aufklärt. Er kennt sich aus, er hat Kontakte zu Christen in vielen Ländern: Von Marokko bis Oman und von der Levante bis in den Sudan sei eine Morgendämmerung in der rund 380 Millionen Menschen zählenden Gesellschaft dieser Weltgegend zu verspüren. Die Gründe für das erwachende Interesse von Muslimen am christlichen Glauben seien vielfältig.

Viele Muslime fänden im Islam keine Antworten auf zentrale Fragen. Wenn sie Glaubensfragen stellten, erhielten sie in ihren Familien und vom Imam meist nur ein „Das ist halt so“ zur Antwort. In einer Zeit, in der man sich über soziale Medien und Internet umfassend informieren kann, gebe sich die junge Generation mit derartigen Antworten nicht mehr zufrieden. Ein zweiter Grund seien der große Frust und die Enttäuschung angesichts des Terrors, der im Namen des Islam die Welt überzieht. Viele Muslime sagten sich in diesen Tagen: „Wenn Hass und Tod von Allah kommt, warum soll ich so etwas glauben?“ Es berühre die Menschen, was Muslime Muslimen in Syrien, Irak und anderen Ländern antun. Andere verschlössen die Augen und betonten: „Es ist nicht der wahre Islam, was die Terroristen glauben.“ Doch immer mehr Muslime begegneten Christen im Gespräch heute nachdenklich und interessiert.

„Früher habe ich oft gehört: ‚Es ist gut wie du lebst, aber dir fehlt etwas: du bist kein Moslem!‘“, erklärt mein Gesprächspartner. Dieser Stolz sei einer tiefen Scham gewichen. „Das Weltbild der Muslime ist bis ins Mark erschüttert“, erklärt der arabische Christ und geistliche Leiter. „Muslime weltweit suchen nach Alternativen, dabei rückt der Glaube an Jesus in ihr Blickfeld.“ Besonders die junge Generation habe Sehnsucht nach Freiheit, wolle eigenständig denken und selbst Antworten finden: „Glaube muss funktionieren und Gutes bewirken.“ Wenn sie bei Christen sehen, was Jesus im Leben verändert, stellten sie verblüfft die Frage: „Wieso bist du so? Was hat es mit Jesus auf sich?“ In seinem Land im Nahen Osten entstünden derzeit neben den registrierten Kirchen viele kleine, neue Hausgruppen von Christusnachfolgern aus muslimischem Hintergrund. Er habe täglich Seelsorgegespräche mit Suchenden.

Die geistliche Morgendämmerung unter Muslimen in vielen Ländern sei deutlich erkennbar. Eine Bewegung zu Jesus, die weiter erstarke, weil viele Menschen über zentrale Fragen nachdenken und via Internet, Radio und Fernsehen Zugang zur Botschaft der Bibel haben. „Ich bete, dass Muslime endlich eine echte Entscheidungsfreiheit erhalten und ohne Nachteile ein Leben in der Nachfolge von Jesus wählen können“, sagt mein Gesprächspartner. Bisher seien die Kosten einer Hinwendung zu Jesus noch hoch – dennoch wagten es immer mehr. Jesus mache den Unterschied in ihrem Leben.

Während wir im Büro des arabischen geistlichen Leiters sitzen, lassen sich eine Tür weiter im großen Saal seiner Gemeinde 60–70 christusgläubige Studenten aus aller Welt schulen, wie sie an Universitäten in arabischen Ländern von Jesus weitersagen können. Ich komme mit einem jungen Kanadier ins Gespräch, der seit zwei Jahren in den Emiraten studiert. Er bestätigt, was der arabische Gemeindeleiter erzählt hat. Mitten im Herzen Arabiens, in den Emiraten, erlebe er eine unerwartete Offenheit. Ältere Christen hätten ihm erzählt, wie schwer es früher gewesen sei, mit Einheimischen über Jesus zu reden. Das habe sich geändert. Er werde täglich nach seinem Glauben gefragt. Bei einem Einsatz von acht Christen sei es in nur einer Woche zu 2.000 längeren Glaubensgesprächen gekommen, 200 Interessierte hätten Informationen angefordert, berichtete der 24-Jährige. „Eine solche Offenheit habe ich in den Emiraten nicht erwartet“, strahlt er.

„Ähnliches erleben wir im Libanon“, wirft ein junger Christ aus Hongkong ein, der in Beirut studiert. Kürzlich hätten sich vier Drusen für Jesus entschieden. „Und viele muslimische Freunde wollen wissen, was unseren Glauben wirksam macht und lassen sich auf ein Leben mit Jesus ein. Diese neuen Christen sagen Freunden von Jesus weiter, obwohl es sie viel kostet.“ Ein Kommilitone, Muhammad, habe von Jesus geträumt und wollte mehr übers Evangelium erfahren. Als er sich für Christus entschied, erzählte er Angehörigen davon und wurde aus seiner Familie verstoßen. Dennoch stehe er mutig zu seinem neuen Leben.

Welche Anziehungskraft das Leben als Christ hat, habe kürzlich ein libanesischer Pastor erlebt. Ein islamischer Attentäter sei bewaffnet in seine kleine Kirche gekommen, weil er den Pastor töten wollte. Doch der liebevolle Empfang in der Gemeinde und die freundliche Art und Predigt des Pastors habe den jungen Mann überzeugt. Er habe seine Waffe steckengelassen und sich am Ende für den Glauben an Jesus entschieden. Seither halte er sich treu zu der Gemeinde und bekenne sich mutig zu Christus.

Dasselbe geschieht tief im Süden, im umkämpften Jemen, auf der arabischen Halbinsel, erzählt eine junge Frau aus der nahöstlichen christlichen Gemeinde, in der ich zu Gast bin. Sie arbeitet bei einem Radiosender, der christliche Programme in Arabisch produziert. Vor zwei Jahren sei ein Jemenit durch ihre Sendungen zum Glauben an Jesus gekommen, berichtet sie. Er habe solche Freude in Christus gefunden, dass er trotz Lebensgefahr Freunden davon erzählt habe. Durch ihn seien in den vergangenen eineinhalb Jahren neun Personen Nachfolger von Jesus geworden.

Ein Christ aus Amman lächelt. Auch in seiner jordanischen Gemeinde hätten sich kürzlich drei Jemeniten taufen lassen. Menschen, die der Bürgerkrieg aus ihrer Heimat vertrieben hat. „Viele Muslime fragen nach unserem Glauben und finden in Jesus Hoffnung für ihr Leben“, meint der junge Araber. Erst wenige Tage zuvor habe ihn in seiner Stadt eine Witwe um Informationen über Jesus gebeten. „Die Muslima wollte alles wissen, ich konnte ihr stundenlang das Evangelium erklären.“

An der Schulung in der evangelikalen Gemeinde nimmt auch ein Ägypter teil, der in seinem Land eine kirchliche Leitungsfunktion innehat. Wir kommen ins Gespräch. „Ich leite zehn Teams in verschiedenen Städten, die Menschen von Jesus weitersagen“, erzählt der etwa Vierzigjährige aus dem Land am Nil motiviert. „Sie erleben jeden Tag, wie sich Muslime Jesus zuwenden. Interessierte kommen in unsere Gemeinden, suchen vorsichtig das Gespräch mit einzelnen Christen und stellen ihre Fragen“. Gleichzeitig wachse der Mut der ägyptischen Christen, offen von Jesus zu reden. Sie reisten in Städte, wo niemand sie kenne, und verteilten Schriften. Andere engagierten sich in der Medienarbeit. Es gebe bereits 50 ägyptische christliche Fernseh- und Online-Radiosender und täglich neue Websites über Jesus. Abertausende Muslime bekämen erstmals echten Zugang zum Evangelium.

Auf dem Weg durchs dichte Verkehrsgewühl der arabischen Stadt zurück in meine Unterkunft freue ich mich über das Gehörte, bin aber auch tief nachdenklich. Die christlichen Araber, die mir begegnet sind, waren so engagiert, selbstbewusst und gut ausgebildet in ihren Aufgaben, die sie haupt- oder ehrenamtlich für die Gemeinde Jesu tun. Und auch die westlichen Mitarbeiter in ihrem Umfeld hatten verblüffend Positives zu berichten. In meinem Herzen bete ich, dass Jesus aus dieser Morgendämmerung in der Arabischen Welt einen echten Sonnenaufgang hervorbringt. Denn offensichtlich entscheiden sich dort gerade tausende Muslime für den Glauben an Jesus. Daraus könnte eine Massenbewegung entstehen, die weder Familienclans noch Staaten mehr kontrollieren und einschränken können. Beten Sie mit mir dafür?!