Hohe Synode, sehr geehrte Damen und Herren vom Oberkirchenrat, sehr geehrter Herr Landesbischof July und Herr Werner.

Sie legen uns einen wahrlich schwergewichtigen Zwischenbericht vor. Er bietet unendlich viele Gesprächsansätze. Umso mehr möchten wir uns Seitens der Lebendigen Gemeinde für die mehrfach ausgeführte Bitte bedanken, dass Sie uns hören und mit in den Überlegungsprozess strategischen Handelns mit einbinden möchten.

Einige Grundsatzanliegen

Strategie dem theologischen Reflektieren unterwerfen? Ja, dazu möchten wir unbedingt ermutigen. Es ist ein guter Weg – wir bedanken uns dafür. Denn kirchliche Strategie unterliegt nicht alleine dem Maßstab des Marktes, sondern des Reiches Gottes. Vielleicht ist es die große Herausforderung unserer Tage, dass die Rechtfertigungslehre neben der persönlichen Einsicht des Gnadenwirkens Jesu auch unser kirchliches Handeln prägen sollte: „GnadenKIRCHE sein“! Alles durch Jesus Christus sein und erwarten, eine fast „unglaubliche“ Herausforderung für eine strategische Planung. Es gilt, unseren Auftrag und unser Sein wieder zu entdecken.

Ein Zweites: Wir ermutigen, die drei theologischen Profilierungen deutlich auszudifferenzieren. Das Kirchenbild mutet doch einseitig dogmatisch an, und wird durch den Außenblick des Soziologen Rosa und des Chefredakteurs Prantl sozusagen ergänzt. Es klingt alles richtig und gut. Die kirchentheoretische Diskussion ist mehrfach gewünscht worden, insbesondere z. B. auch in den Beteiligungsformaten des Projektes Strukturen 2024. Sie haben mehrfach den gefährlichen Reflex des Aktionismus auf eine zurückgehende Kirche angemahnt. Das finden wir gut. Wir suchen jedoch aus dem von Ihnen beschriebenen Szenario, bei allem Verständnis für die Frage der Überlastung, auch den Mut zur Veränderung, zum unangestrengten Ausprobieren und zum Vorwärtsgehen mit einem großen Vorschuss an Vertrauen.

Wir von der Lebendigen Gemeinde wünschen uns mehr Mut zur Veränderung in Strukturen und Formen, und eine Rückbesinnung auf die zentrale Aufgabe zur Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus. Die Sendungsworte Jesu aus Matthäus 28 bleiben aktuell. Die Sendung in alle Welt, in alle Milieus, in alle Berufsfelder, in unsere Kasualien, ins Ehrenamt, an die Krankenbetten, in die Jugend: Das alles soll, ja muss ständig neu bedacht sein.

Wir als Lebendige Gemeinde plädieren für einen neuen und eigenen Strategischen Schwerpunkt. Er lautet: „Missionarische Kirche sein“.

Es braucht diesen mutigen Außen- und Sendungsblick. Und nein, wir setzen dies nicht mit neuen Projekten und Stellenanteilen gleich. Aber ja, wir verknüpfen damit eine klare Priorisierung der Aufgabenfelder. Mission ist für uns nicht Leistung, sondern Sendung. In ihr liegt für uns das Erprobungsfeld, ob wir eine leistungsorientierte Kirche sind, oder eine von der Liebe Gottes motivierte Kirche sein können.

Der Begriff der Mission ist die Nagelprobe für eine Kirche, die sich aus der Rechtfertigungslehre heraus versteht.

Jetzt der Blick nach innen: Wir unterstützen alle Maßnahmen für eine wachsende Vertrauenskultur zwischen Oberkirchenrat und Landessynode. Gleichzeitig sollten wir uns einen streitbaren Diskussionsraum bewahren. Wir sind miteinander unterwegs, ja. Und wir werden auch in Zukunft unterschiedlicher Meinung sein. Um Prozesse vertrauensvoller zu gestalten, wünschen wir uns eine verstärkte offenere Diskussionskultur. Wir empfanden die letzten drei Jahre als ein Weg in die richtige Richtung – auch Seitens des OKR. Weniger ist mehr? Vielleicht gewinnt die Andacht, das gemeinsame Gebet, das Vertrauen auf Gottes Nähe in den Entscheidungen wieder mehr an Bewusstsein.

In wenigen Stichworten zum Rück- und Ausblick

Viel ist erreicht worden. Wir drücken unseren Respekt aus! Zum Weiterdenken:

1. Digitales Gemeindemanagement

Wir bitten Sie um ein digitales Gemeindemanagement, welches den Gemeinden vor Ort viel Handlungsspielraum und Optionen lässt. Was wir brauchen: Einen gemeinsamen Auftritt, damit wir sichtbar bleiben. Was wir nicht brauchen: Eine Digitalisierung, die statt sich zu vernetzen sich zentralisiert.

Die Liederapp Cantico ist mittlerweile verfügbar, ja – wunderbar – aber wie? Neue Lieder müssen an den Start. Die App braucht Inhalte, Inhalte, Inhalte. Wir wissen um die finanziellen und juristischen Hürden. Die Lebendige Gemeinde unterstützt den Weg, wenn er konsequent weiter optimiert wird. Dann stimmen wir auch für weitere Finanzmittel.

2. Personalwesen

Wenn wir an das Personalwesen denken, dann bitten wir den OKR, über die Mitarbeiter im eigenen Haus hinaus nachzudenken. Es bedarf aller Kraft hier wahrnehmbare Schritte gehen zu können. Die Herausforderungen sind zu vielschichtig, als dass wir allein in klassischen Bildern von Diakonat und Pfarrdienst, von Kirchenmusik und Verwaltung weiter vorangehen könnten. Erste kleine Ansätze wurden durch die Flexibilisierungspakete I-III schon erkennbar. Mit einzubeziehen ist jedoch neben dem Genannten auch das Ehrenamt und Prädikantenarbeit. Mutig voran in neue Befähigungsmodule. Da können wir auch von anderen Landeskirchen lernen – z. B. Bayern.

Wir Württemberger sind bis heute reich an jungen Menschen, die sich in den haupt- und nebenamtlichen Dienst berufen lassen würden – wenn wir nur entsprechend flexible Rahmen schaffen würden. Kirche will unter der jüngeren Generation heute anderes gelebt werden. Es geht um Beteiligung dieser kommenden Generation – und wie sie angekündigt haben: Ganz im Sinne von Lietzmann unterstützen wir Beteiligungsformen und Kommunikationsplattformen auf Augenhöhe. Ja!

Kirche elektrisiert (E-mobile)

Wir sind gespannt.

Zum Schluss

Das Miteinander von Synode und Oberkirchenrat ist und bleibt auch in Zukunft neben dem Miteinander auch ein Gegenüber. So soll es bleiben. Synchronisationsbemühungen in Form von strategischer Planung und Finanzplanung sind wünschenswert. Was wir uns als Württemberger erhalten sollten: Die Möglichkeit zu vielfältigen Maßnahmenanträgen. Ob diese über die Budgetierung der Dezernate oder über die Einbringung ins Kollegium bearbeitet werden, ist für uns zweitrangig. Wichtig ist, dass auch in Zukunft nicht nur mittelfristige Maßnahmen ihre Berechtigung haben. Kirche lebt bekanntlich nicht von der Mittelfrist, sondern auch vom heute. So wird es –  strategische Planung hin, strategische Planung her – auch in Zukunft kurzfristige Anträge auch aus der Mitte der Synode geben. Wir erinnern uns gerne, dass die Maßnahmen zur Situation von Flüchtlingen, die begleitenden Finanzmittel zum Pfarrplan (in der Summe immerhin ca. 100 Millionen), die Umsetzung des Landeskirchenmusikplanes und konkrete Projekte der Digitalisierung letztlich konkrete und kurzfristige Anträge aus der Mitte der Synode waren. So soll es auch bleiben.