Korntal, 27. November 2020

Eine Stellungnahme der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde zu den Diskussionen um die Corona-Gesetzgebung von Bund und Ländern

Die zunehmenden Auseinandersetzungen um die Bewertung der Corona-Pandemie und die Corona-Gesetzgebungen von Bund und Ländern und die hitziger werdenden Debatten in Gemeinden und Gemeinschaften fordern uns alle heraus. Als ChristusBewegung Lebendige Gemeinde rufen wir in dieser Situation zu Besonnenheit, Mäßigung und Fürbitte auf.

Dankbarkeit

Wir sind dankbar für die verantwortungsvolle und vernünftige Führung und Gesetzgebung der politisch Verantwortlichen in Bund, Land, Kommunen und Gesundheitsämtern.

Wir sind dankbar, dass der Umgang mit den bedrohlichen Auswirkungen dieser Pandemie in unserem Land im Vergleich mit anderen Staaten bislang relativ gut gelungen ist.

Wir sind dankbar, dass wir nach den drastischen Einschränkungen des Frühjahrs wieder Gottesdienste feiern können. Wir danken allen Gemeinden und Gemeinschaften, die mit großem Einsatz während dieses Jahres die Möglichkeit geschaffen haben, dass insbesondere Gottesdienste und Kinder- und Jugendarbeit entweder digital oder in Präsenz weiter stattfinden können.

Demut

Wir nehmen wahr, dass in der Gegenwart wichtige Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt werden. Wir verstehen aber auch, dass diese Einschränkungen nötig sind, um andere Grundrechte, wie z. B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit, zu gewährleisten. Wir verstehen das Dilemma, in dem die Verantwortlichen stehen und sind dankbar für die verantwortungsvolle Erklärung dieses Interessenkonfliktes.

Wir wissen um die Fehlbarkeit menschlichen Wissens, Erkennens und Entscheidens in den äußerst komplexen Herausforderungen in diesen Wochen und Monaten. Wir erheben nicht den Anspruch, es besser zu wissen als die Expertinnen und Experten in Wissenschaft und Forschung sowie die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung. Wir rufen vielmehr zum Gebet für alle auf, die in dieser Lage angemessene Entscheidungen treffen sowie geeignete Verordnungen und Gesetze beschließen müssen.

Die Pandemie ist für uns alle eine Herausforderung, die Kraft kostet. Wir sehen die Gefahr, dass wir auch als Christen und Gemeinden in diesen Zeiten über Wut, Verzweiflung und Ungeduld das Maß, den Ton und die Nüchternheit verlieren. Umso mehr laden wir dazu ein, nach Gott zu suchen und auf sein Reden zu hören.

Wir wollen Gottes Nähe suchen in einer Zeit, in der wir gegenüber Menschen Abstand wahren sollen. Wir suchen nach Möglichkeiten der Seelsorge an den Kranken, Schwachen und Sterbenden und nehmen diese wahr. Wir bitten Gott um Geduld, Ausdauer und verbindende Worte sowie um ein gnädiges Ende dieser Pandemie.

Distanz

Wir beklagen die Verrohung und den Missbrauch der Sprache und der Worte in diesen Tagen. So sehr wir die Sorgen verstehen, die viele Menschen mit dem jüngsten „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ verbinden, so sehr verstehen wir aber auch umgekehrt den Sinn dieses Gesetzes und das Ziel, das die Bundesregierung mit diesem Gesetz erreichen möchte. Wir distanzieren uns deshalb entschieden von allen Versuchen, dieses Gesetz als „Ermächtigungsgesetz“ zu diffamieren und damit das Handeln der Bundesregierung und des Bundestages in eine Nähe der nationalsozialistischen Machtergreifung von 1933 zu stellen. Wir verurteilen auch den gezielten Gebrauch diffamierender Begriffe, wie z. B. „Impf-Holocaust“, und die Selbstidentifikation von Verschwörungstheoretikern und Corona-Leugnern mit Widerstandskämpfern gegen und Opfern des Nationalsozialismus.

Wir sind dankbar für das Demonstrationsrecht und für das Recht zur freien Meinungsäußerung. Wir distanzieren uns aber von Corona-Demonstrationen, in denen eine diffuse Mischung zunehmend extremer, sowohl rechts- wie linksradikaler und gewaltbereiter Gruppen die geltende Rechtslage missachtet und Polizei und Ordnungskräfte tätlich attackiert. Das extremistische Umfeld der jüngsten Corona-Demonstrationen in Berlin und Leipzig ist kein Ort für christlich motivierten Protest, ganz gleich wogegen er sich richtet.

Wir nehmen wahr, dass auch im Raum des Pietismus Verschwörungstheorien kursieren und verbreitet werden. Wir distanzieren uns entschieden von derartigen Thesen. Wir widersprechen jedoch gleichzeitig Medienberichten und -kommentaren, die den Pietismus und Evangelikalismus in absurder Weise als Nährboden und Sammelbecken für Verschwörungstheoretiker, „Querdenker“ und Corona-Leugner diffamieren.

Die in der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde verbundenen Werke, Verbände, Gemeinden und Bewegungen vertreten den landeskirchlichen Pietismus im Raum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Wir übernehmen von der Gemeindebasis bis in die Landessynode und Kirchenleitung hinein Verantwortung für die gemeindliche und kirchliche Arbeit. Demokratiefeindliche Gruppierungen haben bei der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde keinen Raum.

Als ChristusBewegung Lebendige Gemeinde halten wir uns an die Aufforderung des Propheten Jeremia:

Suchet der Stadt Bestes,
dahin ich euch habe wegführen lassen,
und betet für sie zum HERRN;
denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.
Jeremia 29,7

Der Vorstand der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde:
Dr. Friedemann Kuttler (Vorsitzender)
Steffen Kern (stellv. Vorsitzender)
Dieter Abrell
Andrea Bleher
Prof. Dr. Volker Gäckle
Dieter Schenk
Matthias Hanßmann (Sprecher der Synodalgruppe Lebendige Gemeinde)


Kontakt: Lebendige Gemeinde. ChristusBewegung in Württemberg e.V.
Saalstr. 6 – 70825 Korntal-Münchingen
Tel. 0711- 838 80 93
E-Mail: info@lebendige-gemeinde.de Web: www.lebendige-gemeinde.de