Herbsttagung der Synode

Finale! Die letzte Tagung der 15. Landessynode mit 37 Tagesordnungspunkten über vier Tage hinweg setzte den Schlusspunkt der Synodalzeit für die Jahre 2013-2019. Im Mittelpunkt standen die neue Trauagende, die strategische Planung und der Haushalt 2020. Aber eben auch vieles andere – 43 Synodale der Lebendigen Gemeinde diskutierten, entschieden, besprachen und arbeiteten engagiert im 98-Sitze-Gremium. Und wir sind sehr gespannt darauf, wie es weitergeht nach den Kirchenwahlen. Gern ist die Lebendige Gemeinde wieder bereit, herausragende Verantwortung in der Landessynode zu übernehmen. Bis hierher – mit Gottes Hilfe. Und viel weiter. Hier ein kurzer Einblick, was die Herbstsynode beraten und beschlossen hat.

Strategische Planung

Landesbischof July und Direktor Werner gaben gemeinsam Auskunft und einen Zwischenbericht zu den aktuellen neuen thematischen und inhaltlichen Herausforderungen. Grundlinie war die Einsicht, dass Kirche sich mit zu vielen strategischen Zielen verzetteln könne. „Eng mit der These, sich auf das Eigentliche zu konzentrieren bzw. die Energie darauf zu richten, Wesentliches vom Nachrangigen zu unterscheiden, ist die weitere und ebenfalls nicht neue Zielsetzung, sich darauf zu konzentrieren, in der Kirche alles Handeln von unserem Grundauftrag her zu entfalten: Das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden.“

Jesus trage die Kirche; Rechtfertigung allein aus Gnade stehe dem Trend entgegen, Kirche aktivistisch „optimieren“ zu wollen.

Als wesentliche inhaltliche strategische Themen wurden benannt: Digitalisierung, Kommunikationskonzept, Weiterentwicklung des Personalwesens, Ehe und Familie stärken, Wertediskussion führen.

Und allgemeiner sollen folgende Kommunikationsziele erreicht werden:

  • Sichtbarkeit erhöhen
  • Beteiligung ermöglichen
  • Kommunikation auf Augenhöhe wagen
  • Strukturierte Kommunikation betreiben

Matthias Hanßmann forderte in seinem Votum für den Gesprächskreis:

„Wir als Lebendige Gemeinde plädieren für einen neuen und eigenen strategischen Schwerpunkt. Er lautet: Missionarische Kirche sein.“

Trauagende

Die Ehe ist ein „weltlich Ding“ und steht zugleich unter besonderer göttlicher Verheißung. Die neue Trauagende fußt auf dieser grundevangelischen Sicht. Die Trauung ist kein Sakrament, aber eine herausgehobene Form des Zusammenseins zwischen Mann und Frau für das ganze Leben. Die erneuerte Agende bildet genau dieses Verständnis ab und ersetzt die 30 Jahre alte letzte Trauagende. Sie wurde nun im Letztentwurf in die Synode eingebracht.

„Weltlich Ding“, so der Synodale Siegfried Jahn, bedeute nicht, dass wir uns allem anschließen, was weltlich gefordert werde. Gesellschaftliche Strömungen könnten für das Handeln der Kirche nicht leitend bindend sein. Stattdessen sei die Ehe gerade eine Stiftung Gottes, die für alle – also für die ganze Welt – förderlich sei.

Die neue Trauagende der württembergischen Landeskirche hält auf dem Hintergrund der geltenden Trauordnung die Ehe zwischen Mann und Frau als die in ganz besonderer  Weise hervorgehobene Lebensform fest. In der momentan lebhaft geführten Gesamtdiskussion zu diesem Thema kann die Tragweite dieser Entscheidung gar nicht hoch genug geschätzt werden.

Der neuen Agende wurde bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung mit überwältigender Mehrheit zugestimmt.

Wir sind sehr dankbar für dieses Zeichen, für diese Agende und ihre Form und ihren Inhalt.

Mission in der Region

Es wurde angeregt, in unserer Landeskirche vier regionale Zentren für Mission in der Region zu schaffen, die als Piloten starten und ausprobieren können. Sie dienen der Vernetzung innovativer missionarischer Projekte und Ansätze, damit ländliche Gemeinden neue Impulse empfangen können und Milieus ansprechen, die bisher im Windschatten anderer Gruppen nicht so starke Berücksichtigung finden. Mitgliederorientierte missionarische Projekte können damit entwickelt und gefördert werden.

Michael Fritz sprach sich für die Erprobungsräume aus, die überörtlich angesiedelt sind:

„Es kann nicht sein, dass wir in unseren Regionen die Zusammenarbeit und das Nachdenken darin erschöpfen, welche Strukturen wir in Zukunft brauchen und ob wir gemeinsam Verbundkirchengemeinde werden. Gremien wollen und sollen miteinander überlegen, wie sie missionarische und diakonische Profilbildung gemeinsam in der Region weiterentwickeln und Ideen verwirklichen.“

Haushalt 2020

Oberkirchenrat Dr. Kastrup bemerkte im Blick auf den auch 2020 möglichen Finanzeinsatz: „Dank geht wie immer an die Kirchensteuerzahlenden unserer Landeskirche. Einigen ist unsere Kirchenmitgliedschaft zu teuer geworden, sie haben keinen persönlichen Nutzen für sich gesehen oder sich geärgert und sind gegangen. Sehr viele sind aber auch noch da und vertrauen Jahr um Jahr, dass wir Gutes und Wichtiges mit ihrem Geld tun. Ich danke vielmals für dieses Vertrauen! Es ist uns ein Ansporn, nicht nur so zu bleiben wie wir sind, sondern noch viel besser zu werden – im Sinne unserer Mitglieder und im Sinne unseres Auftrags!“

Er machte transparent, wie die derzeit entscheidenden strategischen Ziele mit besonderem Geldeinsatz unterstützt und gefördert werden: „Familie“, „Digitalisierung“, „Kommunikation“ und „Personalmanagement“. Dazu kommen die wichtigen Bereiche „Arbeit mit Geflüchteten“ und „Mitgliederorientierung“.

Besonders fiel auf, dass die Landeskirche derzeit 35 Prozent ihrer Finanzmittel für Kinder/Jugend/Familie ausgibt.

Sehr stark herausgefordert sind wir durch sehr hohe zu bildende Versorgungsrücklagen.

Neben vielem anderen ist es möglich, für den Renovierungsbau der Missionsschule Unterweissach einen Zuschuss zu geben – und Gemeinschaftsgemeinden werden für ihre innerkirchliche Arbeit mit 200.000 € unterstützt.

Andrea Bleher stellte das Bild des wandernden Gottesvolks in die Mitte ihres Gesprächskreisvotums:

„Vor mir steht das Bild des wandernden Gottesvolkes. Das in Zelten lebt und weiterzieht. Wir wandern als Gottesvolk durch die Zeit, und mir gefällt an diesem Bild die Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit von Zelten. Zelte sind praktisch, lassen sich ausbauen, anbauen, versetzen, erneuern.“

Damit dies weiter für Kirche leitend bleibt, brauche es Vorfahrt für die Kirchengemeinden vor Ort. Das heiße konkret: Mittel zur Strukturanpassung, die an die Gemeinden weitergegeben werden. Gemeindeberatung und SPI-Beratung zu Strukturen, Pfarrdienst, Immobilien. Werbung fürs Pfarramt und weitere Zugänge zum Pfarramt zu schaffen. Neue Aufbrüche und Innovationen befördern.

Insgesamt ist die Landeskirche für das derzeitige Kirchensteueraufkommen sehr dankbar. Mit überwältigender Mehrheit befürwortete die Synode, den Verteilbetrag an die Kirchengemeinden für das Jahr 2020 nicht nur um drei, sondern um vier Prozent zu steigern.

Weiteres in Stichworten

  • Die Vorkommnisse in Halle sind Ausdruck von Rassismus, Gewaltbereitschaft und Antisemitismus. In der Aktuellen Stunde am Donnerstag setzten die Landessynode und der Oberkirchenrat gemeinsam ein Zeichen der Solidarität und Verbundenheit mit der israelitischen Religionsgemeinschaft. Bei einem Schweigemarsch zur Stuttgarter Synagoge und dem Entzünden einer Kerze sprach Landesbischof July unter anderem folgende Worte der Solidarität und Anteilnahme: „Die Mitglieder der Evangelischen Landessynode in Württemberg, des Kollegiums des Evangelischen Oberkirchenrats und ich als Landesbischof sind hier versammelt aus Solidarität mit den Jüdinnen und Juden in Deutschland. Wir sind entsetzt und erschüttert über den Anschlag eines rechtsextremen Attentäters gegen die Synagogengemeinde von Halle an Jom Kippur 5780. […] Mit unserem heutigen Besuch der Synagoge der jüdischen Gemeinde Stuttgart bekunden wir unsere Verbundenheit mit Jüdinnen und Juden und unsere Abscheu vor Antisemitismus“.
  • Kirchenrat Klaus Rieth gab wie jeden Herbst in der Landessynode den Bericht über Verfolgungssituationen, diesmal lag ein besonderer Fokus auf Syrien, Libanon, Libyen und China. Er führte aus: „Die Lage der verfolgten Christen weltweit ist uns in der Landeskirche weiterhin ein großes Anliegen. In diesem Jahr richten wir unseren Blick besonders nach Pakistan. Das muslimische Land ist in den vergangenen zwei Jahren ganz besonders in den Fokus der Weltöffentlichkeit geraten, weil dort die Christin Asia Bibi wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode verurteilt worden war und erst nach langen Verhandlungen im letzten Jahr dann freigelassen wurde und ausreisen durfte. Wir stehen in unserer Landeskirche dafür ein, dass weltweit alle Menschen ihren jeweiligen Glauben leben dürfen. Frei und ohne Bedrohung.“ Besonders wandte er sich gegen überzogene Asylabschiebeverfahren im Blick auf hier getaufte Menschen z. B. aus dem Iran. Es sei neu zu überlegen, was ein sicheres Herkunftsland ist und welchen Wert Stellungnahmen von Pfarrämtern haben. Verstärkt melden sich Menschen aus China in unseren Gemeinden – Christen, die dort verfolgt werden.
  • Ein Anliegen der Lebendigen Gemeinde, Ehrenamt verstärkt zu fördern durch Ausbildung von Andachtsleiterinnen und Andachtsleitern sowie zusätzliche Kapazitäten im Bereich Prädikantenarbeit, wurde befürwortet und entsprechende Stellenanteile bereitgestellt.
  • Innerhalb des Projektes Verwaltung 24plus konnten noch in dieser Synode drei Piloten auf den Weg gebracht werden, die Erfahrungen sammeln, welche Aufgaben zukünftig in der Kirchengemeinde bleiben müssen und welche an einer anderen Stelle getan werden können.
  • Kritisch werden wir den Neubau des Oberkirchenrates (63 Mio. €) begleiten. Es ist unbestritten, dass das in die Jahre gekommene Gebäude renoviert werden muss. Die Prüfung von Alternativen ergab als Lösung einen Neubau, der modernen Arbeitsanforderungen und Klimaschutz entsprechen soll.
  • In der Neuerung des Mitarbeitervertretungsgesetzes wurde dank eines durch die Lebendige Gemeinde eingebrachten Änderungsantrag – anders als im EKD-Gesetz festgehalten: Mitglieder der Mitarbeitervertretung müssen einer christlichen Kirche angehören. Dies stärkt das speziell kirchliche Profil der Dienstgemeinschaft.

 

Mit einem Abendmahlsgottesdienst – gestaltet durch den Landesbischof unter Beteiligung des Präsidiums und der Ausschussvorsitzenden – klang die synodale Arbeit aus.

Jetzt blicken wir auf 18 Plenumstagungen der 15. Landessynode zurück. So vieles wurde besprochen, diskutiert, vertagt, entschieden, beraten, abgestimmt … 43 Synodale der Lebendigen Gemeinde haben diese Zeit intensiv mitgestaltet. Dankbar für alles, was gelungen ist. Schmerzlich, traurig im Blick auf das, was nicht gelang. Und immer in der Gewissheit, dass beides allein daraus lebt, dass Jesus Christus selbst und allein Grund der Kirche ist, sie trägt und erhält, sie mahnt und korrigiert. Aus seiner Güte allein leben wir.

Und zum guten Schluss

Am 1. Dezember 2019 wird eine neue Landessynode gewählt. Sie haben die Wahl! Gehen Sie zur Wahl. Und schenken Sie bitte den Kandidatinnen und Kandidaten der Lebendigen Gemeinde Ihr Vertrauen. Gerne haben wir, auch in schwierigen Zeiten, Verantwortung in der Synode übernommen. Das wollen wir auch weiterhin tun – getragen vom lebendigen Herrn Jesus Christus. Und wir wollen für sein Evangelium einstehen. Gemeinden vor Ort haben dabei Vorfahrt – denn Kirche ist, wo Gemeinde lebt. #wirliebenGemeinde

Danke für Ihr Vertrauen und alle Unterstützung.

Bericht: Andrea Bleher / Ute Mayer / Ralf Albrecht